Hallöchen, Leute!
Wie ihr in der Überschrift lesen könnt, habe ich eine neue Buchidee. In letzter Zeit habe ich viele SciFi-Romane gelesen und auch mehrere Filme geschaut und ich wurde inspiriert zu dieser kleinen Geschichte. Es ist noch nicht viel, aber ich wollte wissen, ob sie euch interessieren würde. Hinterlasst mir doch eure Meinung. :)
xoxo Anki
A/N:
Probetext. Fehler inbegriffen :)
*****
Ich war acht, als die Labore explodierten.
Ich erinnere mich an den Tag, als wäre es gestern und nicht vor fünfzehn Jahre gewesen. Der Duft von Mamas Vanille-Parfüm hängt mir noch heute in der Nase, wenn ich an diesen Tag denke. Und die Angst. Mir vor klamm vor Angst gewesen.
Mamas T-Shirt war mit Flecken übersät und ihre Hände waren weiß, weil sie mal wieder in der Werkstatt an ihren Statuen gearbeitet hatte. Sie war Künstlerin, ein Freigeist. Sie und Papa hatten die Farm gebaut auf der ich aufgewachsen bin.
Weiße Holzwände, Säulen und eine große Veranda. Ein rotes Dach mit Ziegelsteinen und hinter dem Haus eine alte Scheune vor der ein Traktor stand. Mein Vater hatte diesen Traktor geliebt, obwohl wir keine Felder hatten, auf denen wir hätten arbeiten können. Nur ein kleines Gemüsebeet im Garten. Ich glaube wir hatten Tiere, ich erinnere mich sogar daran, dass wir ein Pferd hatten. Einen alten Ackergaul. Und Hühner, denen wir Sonntagmorgen die Eier nahmen, um sie zum Frühstück zu essen.
Das waren alles kleine, unwichtige Details. Ich wusste die Farbe von Mamas Gummistiefel, aber ich kann mich nicht an ihr Gesicht erinnern. War sie groß gewesen? Besaß sie auch schwarzes Haar? Oder war sie blond mit blauen Augen? Ich wünschte, ich könnte mich an meine Familie erinnern. Nach der Explosion war nichts geblieben. Nicht einmal ein Foto. Mit der Zeit verblassen Gesichter geliebter Menschen, egal wie hart man sich an sie erinnern möchte. Irgendwann sind sie fort. So war es mit Mamas Gesicht. Und mit Papas. Mit denen meiner Geschwister.
Wir aßen zu Mittag. Papa hatte gekocht, denn das konnte er wirklich gut. Es hatte Rindersteak mit Bohnen und Kartoffeln gegeben. Meine große Schwester saß am Tisch und tippte auf ihr Telefon ein. Lea hatte gerade ihr neues Handy bekommen und schrieb mit ihrem Schwarm. Wir waren fünf Jahre auseinander und nach Lea war ich die zweitälteste. Der jüngste war Javier, er war zu dem Zeitpunkt gerade mal anderthalb. Meine Eltern nannten ihn liebevoll „Nachzügler“, was ich nie wirklich verstanden habe, egal wie stark ich darüber nachdachte.
Mein Vater schimpfte gerade mit Lea, weil sie immer noch schrieb. Er hasste das und trotzdem ließ er es meistens zu, dass das Telefon auf dem Tisch liegen bleiben konnte.
„Leandra“, wies er sie zurecht und erntete sich ein Grinsen von meiner Schwester. „Legst du jetzt bitte das Handy weg? Wir möchten essen.“
„Ich muss noch die Nachricht zu Ende schreiben. Bitte, Daddy“, flehte sie mit großen Augen.
Papa wollte zu Widerworten auflegen, aber meine Mutter legte ihm besänftigend die Hand auf den Unterarm. Mama hatte schöne Hände, soweit man dreckige Arbeiterhände als schön bezeichnen kann. Sie hatte schlanke, lange Finger mit vielen Ringen. Sie trug sehr viel Schmuck, der weder aufdringlich noch kitschig wirkte.
„Und da wollte ich ihr doch gerade sagen, dass wir nach dem Mittag in die Stadt zum einkaufen fahren, aber das wird wohl nichts, wenn sie weiter an ihrem Telefon hängt und wir nicht zum Essen kommen“, meinte Mama und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Ich grinste zurück und gluckste, als Leandra das Handy in ihre Hosentasche gleiten ließ und ihr Besteck in die Hand nahm. Dabei sah mich meine Schwester bitterböse an.
Wenig später saßen wir in Papas restaurierten Mustang und fuhren die einsamen Landstraßen entlang. Wir wohnten zwei Stunden von Houston entfernt und fuhren selten den weiten Weg in die Großstadt, schließlich gab es in unserem Dörfchen alles was wir benötigten. Ich war bisher dreimal in Houston gewesen und das eine Mal war eine unschöne Erinnerung, schließlich hatte ich dort im Krankenhaus gelegen.
Leandra neben mir schaute aus dem Fenster zu den riesigen Shops mit Klamotten an denen wir vorbei fuhren. Meine Schwester liebte shoppen und gerade zu diesem Zeitpunkt hatte sie Make-Up für sich entdeckt. Ich wusste nicht, wieso sie das mochte. Warum schmierte man sich Tonnen von Cremes ins Gesicht, nur um schöner auszusehen? Damals wusste ich es noch nicht, was man alles erreichen kann, wenn man gut aussieht. Ich wusste es einfach nicht besser.
Papa fuhr in ein riesiges Parkhaus und ich zählte die Autos, an denen wir vorbei fuhren. Siebzehn. Fünfzig. Als wir das einundsiebzigste passierten, fand Papa eine Lücke und parkte ein.
„Gehen wir in den Candy-Shop?“, fragte ich Mama, während ich nach ihrer Hand griff.
„Süßigkeiten machen deinen Zähne kaputt“, antwortete Lea stattdessen. „Außerdem wirst du davon dick.“
„Vor nicht einmal einem Jahr war dir das egal“, erinnerte meine Mutter sie und nahm Javier auf den Arm. Dieser klatschte freudig in die Hände und grinste breit.
Bevor Lea etwas erwidern konnte, legte mein Papa ihr einen Arm um die Schulter und knuffte sie in die Seite.
„Jetzt ist gut“, mahnte er mit seiner tiefen Sopranstimme. „Jeder darf heute in den Laden gehen, in den er möchte, okay?“
Lea murrte, gab sich jedoch geschlagen und lief eilig voraus. So kam es das wir am Nachmittag fast zwei Stunden in einem Klamottenladen verbrachten, weil meine Schwester sich nicht einigen konnte, ob ihr nun das lila oder das rosa Kleid besser gefiel. Wenn Lea in so einem Rausch war, konnte man schlecht mit ihr reden, trotzdem versuchte es meine Mutter immer wieder.
Javier saß auf meinem Schoß und ich lehnte mich in einen der bequemen Polstersessel. Er spielte mit meinen Händen, klatschte sie immer wieder gegeneinander, während ich versuchte nicht zu lachen. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, wie als ob er versuchte irgendwelche Geräusche von sich zu geben. Ich gab ihm einen Kuss auf den Kopf und schaukelte ihn dann hin und her. Mein Bruder lachte und sah mich freudig an. Javier hatte mich schon immer am liebsten gemocht.
„Wenn sie sich nicht bald beeilt“, flüsterte ich ihm verschwörerisch zu und zwinkerte, „dann schaffen wir es nicht mehr zu den Süßigkeiten.“
Als wenn er mich verstanden hätte, zog er einen Schmollmund und zeigte mit seinen zarten Fingern auf Lea, die gerade das gefühlt tausendste Kleid anprobierte. Ich nickte nur.
Im nächsten Moment, hörte ich es. Die Explosion. Sie war so laut und markerschütternd, obwohl das Labor hundert Kilometer außerhalb von Houston war. Ich zuckte zusammen, drückte Javier an meine Brust und schloss die Augen. Dann wurde ich vom Sitz geschleudert und prallte gegen die Wand.
Der Boden bebte, das Gebäude wackelte. Glas und Metall zerbrachen, fielen klirrend zu Boden, nachdem sie in der Luft umher geflogen waren. Die Menschen schrien, rannten und stürzten. Ich wollte die Augen auf machen, um meine Familie zu suchen, aber mein Körper folgte keinem meiner Befehle. Javier weinte. Ich versuchte krampfhaft beruhigend auf ihn einzureden, doch keine Silbe glitt über meine Lippen. Sein Weinen brachte mein Herz zum bluten.
Die Druckwelle und das folgende Erdbeben hatte nicht einmal eine Minute gedauert und trotzdem kam es vor wie eine kleine Ewigkeit, die ich dort auf den Boden kauerte und meinen kleinen Bruder an mich drückte. Tränen liefen mir unkontrolliert über die Wangen.
Plötzlich hörte alles auf. Blinzelnd schlug ich die Augen auf, meine Sicht war von den Tränen verschleiert, aber ich konnte das Chaos um mich herum erkennen. Auch Javier war schlagartig ruhig geworden. Um mich herum lagen verwundete Menschen, einige mit verrenkten Gliedmaßen und verdrehten Köpfen.
Ein Krampf erschütterte meinen Körper und ich schrie. Zwei weitere Schreie ertönten. Ich lag da und mein ganzer Körper zog sich zusammen, mein Blut begann sich zu erwärmen und mein Kopf dröhnte. Unkontrollierte zitterte ich am ganzen Leib und ich konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie einige Unversehrte näher kamen und einen Halbkreis um mich bildeten. Niemand half mir. Sie alle gafften bloß, während ich weinend und vor Schmerzen schreiend auf dem Boden lag.
Nur Javier blickte mich ruhig an, eine Hand auf meinem Gesicht. Verständnis lag in seinen Augen, an deren Farbe ich mich erinnern kann. Javier war so jung, so unschuldig und trotzdem sah er mich mit tiefem Mitgefühl an. Mein kleiner Bruder verstand.
Wie sie angefangen hatten, so verebbten auch die Krämpfe schnell. Ich lag keuchend, schwitzend auf den Boden mit schmerzendem Kopf. Ein Raunen ging durch die Schaulustigen.
„Sie glüht“, murmelten sie.
Ich konnte ihre leisen Stimmen einwandfrei verstehen. Während ich mich langsam aufsetzte, betrachtete ich meine Hände. Grüne Funken tanzten um meine Finger herum und als ich mich im Raum umsah, erschien mir alles so scharf und deutlich. Ich erkannte das Blut, das dem schwarzen Mann von der Stirn über die Wange lief. Es war dunkel rot, beinahe schwarz. Er lag am Ende des Raumes und wandte sich vor Schmerzen. Ein tiefer Wunsch ihm zu helfen, regte sich in mir.
Die Funken verebbten und ich drückte Javier an meine Brust, dann stand ich taumelnd auf. Die Umstehenden machten mir Platz, wichen ängstlich zurück und ich suchte meine Familie. Zitternd lief ich durch die Gänge des Ladens, vorbei an Toten und Verletzten. Wieso half ihnen niemand? Ich wollte ihnen helfen, aber ich musste meine Familie suchen.
In den Umkleidekabinen, zumindest das, was davon übrig geblieben war, fand ich meine Mutter. Sie lag halb auf einem Sessel und ein gefährlich langes silbernes Teil steckte in ihrer Brust. Ich rannte auf sie zu und ließ mich neben ihr fallen. Javier vergrub sein Gesicht an meinem Hals und klammerte sich an mich.
„Mamá“, flüsterte ich und strich ihr über die blutverschmierte Wange. „Du musst aufwachen, bitte.“
Grüne Funken tanzten um meine Hand, glitten in die Haut meiner Mutter. Keine Minute später, öffneten sich ihre Augen flatternd und sie sah mich. Stolz lag in ihnen und um ihre Lippen bildete sich ein Lächeln.
„Du hast eine besondere Gabe, Sanny“, wisperte sie und hob schwach die Hand, legte sie an mein Gesicht. „Versprich mir, das du sie gut einsetzten wirst.“
„Mamá“, bat ich mit tränenerstickter Stimme. Ich wollte nicht wahrhaben, dass sie sich von mir verabschiedete.
„Pass auf Javier, meine Kleine“, sagte sie und röchelte, rang nach Luft. Das Blut floss aus ihrer Wunde. „Ich hab dich lieb, Alessandra.“
Schwarzes Blut glitt aus ihrem Mund, während sich ihre Augen weiteten und sich mich bittend ansah. Mama starb in meinen Armen.
„Nein, Mamá“, flehte ich und ließ Javier los, der sich weiterhin an mich klammerte. Ich versuchte das Metallteil aus ihrer Brust zu ziehen, doch es war zu schwer. Grünes Licht glitt in ihre Brust und verpuffte dann.
„Bitte, Mamá.“ Ich weinte und Javier weinte, obwohl er überhaupt nicht verstanden dürfte, was ihr geschah. Das seine Mutter tot war.
Das Gebäude wurde von einem nächsten Erdbeben erschüttere. Schreie, wild umherlaufende Menschen. Dann fiel uns plötzlich die Decke über den Kopf. Das Einkaufscenter stürzte ein, begrub alle Menschen unter sich und trennte mich von meiner Mutter.
Ich schloss die Augen, drückte Javier fest an mich und wartete.
So fanden mich die Rettungssanitär keine zwei Stunden später. Ich lag zusammen mit meinem Bruder unter einem schweren Stück Beton und weinte. Wieso ich am Leben, wusste ich nicht.
„Hey, Süße“, sagte ein Mann unter einer Gasmaske zu mir, der neben dem Betonblock hockte und ihn versuchte zu befestigten, damit er nicht wegrutschte.
Ich sah ihn blinzelnd an.
„Du musst jetzt das Licht ausmachen, okay? Wir müssen dich und deinen Bruder hier raus holen.“
Das Licht ausmachen?
Meine Sicht klärte sich und ich nahm den grünen Dunst um mich herum. Er war überall, hüllte mich wie einen Kokon ein. Wie sollte ich etwas weg machen, von dem ich nicht einmal wusste, wie es entstanden war?
„Ich weiß nicht wie“, antwortete ich mit zitternder Stimme.
„Konzentrier dich einfach darauf“, erwiderte der Mann gedämpfter Stimme. Sie klang meinem Vater nicht unähnlich.
Aber Papa lag vergraben unter dem Beton.
Erneut weinte ich.
„Du machst das gut“, kommentierte der Mann. „Es wird blasser.“
Ich machte das gut? Augenblick hörte ich auf zu weinen, schaute den Mann wütend an. Er konnte nicht wissen, was geschehen war und trotzdem kanalisierte ich meine Wut auf ihn. Das Licht um mich herum verschwand und tauchte plötzlich vor dem Mann auf. Bedrohlich schwebte es wie ein Schatten um ihn herum.
Er sah mich ängstlich an und wich zurück. Leise sprach er in seinen Helm: „An alle Einheiten, ich brauchte Hilfe. Standort am…“
Das Licht schlang sich wie eine Klinge um seinen Hals und ich beobachtete fasziniert, wie es sich immer weiter verfestigte und dem Mann die Luft raubte. Das war falsch.
Versprich mir, das du sie gut einsetzten wirst, erklang Mutters Stimme in meinem Kopf.
Das war nicht das, was sie gewollt hätte. Krampfhaft versuchte ich es zu stoppen, das Licht zu mir zurück zu ziehen, doch es gelang mir nicht und der Körper des Mannes glitt schlaff zu Boden.
Ich hatte an diesem Tag zum ersten Mal einen Unschuldigen getötet und das Ausmaß meiner Kräfte erkannt. An dem Tag an dem die Labore auf der ganzen Welt explodierten, geschah etwas mit mir. Mit meinen Genen.
Man hatte unbeabsichtigt meine Gene verändert und sie hatte etwas neues, völlig einzigartiges entwickelt. Eine unheimliche Kraft, die bis dahin schier undenkbar gewesen war.
Ich war nur eine unter hunderten, die diese Transformation überlebt hatten. Der Stoff, den sie in den Laboren entwickelt hatten und der durch die Explosion freigesetzt wurden war, hatte mich zu einem unbeabsichtigten Versuchsobjekt gemacht. Ich war genmanipuliert mit neuen, unerforschten Kräften. Sie nannten mich und meines gleichen Monster. Ich bevorzuge den Begriff Mutant. Denn schließlich war ich das doch.
Ich war mutiert.
(c) A. Hawkins
Wie ihr in der Überschrift lesen könnt, habe ich eine neue Buchidee. In letzter Zeit habe ich viele SciFi-Romane gelesen und auch mehrere Filme geschaut und ich wurde inspiriert zu dieser kleinen Geschichte. Es ist noch nicht viel, aber ich wollte wissen, ob sie euch interessieren würde. Hinterlasst mir doch eure Meinung. :)
xoxo Anki
A/N:
Probetext. Fehler inbegriffen :)
*****
Ich war acht, als die Labore explodierten.
Ich erinnere mich an den Tag, als wäre es gestern und nicht vor fünfzehn Jahre gewesen. Der Duft von Mamas Vanille-Parfüm hängt mir noch heute in der Nase, wenn ich an diesen Tag denke. Und die Angst. Mir vor klamm vor Angst gewesen.
Mamas T-Shirt war mit Flecken übersät und ihre Hände waren weiß, weil sie mal wieder in der Werkstatt an ihren Statuen gearbeitet hatte. Sie war Künstlerin, ein Freigeist. Sie und Papa hatten die Farm gebaut auf der ich aufgewachsen bin.
Weiße Holzwände, Säulen und eine große Veranda. Ein rotes Dach mit Ziegelsteinen und hinter dem Haus eine alte Scheune vor der ein Traktor stand. Mein Vater hatte diesen Traktor geliebt, obwohl wir keine Felder hatten, auf denen wir hätten arbeiten können. Nur ein kleines Gemüsebeet im Garten. Ich glaube wir hatten Tiere, ich erinnere mich sogar daran, dass wir ein Pferd hatten. Einen alten Ackergaul. Und Hühner, denen wir Sonntagmorgen die Eier nahmen, um sie zum Frühstück zu essen.
Das waren alles kleine, unwichtige Details. Ich wusste die Farbe von Mamas Gummistiefel, aber ich kann mich nicht an ihr Gesicht erinnern. War sie groß gewesen? Besaß sie auch schwarzes Haar? Oder war sie blond mit blauen Augen? Ich wünschte, ich könnte mich an meine Familie erinnern. Nach der Explosion war nichts geblieben. Nicht einmal ein Foto. Mit der Zeit verblassen Gesichter geliebter Menschen, egal wie hart man sich an sie erinnern möchte. Irgendwann sind sie fort. So war es mit Mamas Gesicht. Und mit Papas. Mit denen meiner Geschwister.
Wir aßen zu Mittag. Papa hatte gekocht, denn das konnte er wirklich gut. Es hatte Rindersteak mit Bohnen und Kartoffeln gegeben. Meine große Schwester saß am Tisch und tippte auf ihr Telefon ein. Lea hatte gerade ihr neues Handy bekommen und schrieb mit ihrem Schwarm. Wir waren fünf Jahre auseinander und nach Lea war ich die zweitälteste. Der jüngste war Javier, er war zu dem Zeitpunkt gerade mal anderthalb. Meine Eltern nannten ihn liebevoll „Nachzügler“, was ich nie wirklich verstanden habe, egal wie stark ich darüber nachdachte.
Mein Vater schimpfte gerade mit Lea, weil sie immer noch schrieb. Er hasste das und trotzdem ließ er es meistens zu, dass das Telefon auf dem Tisch liegen bleiben konnte.
„Leandra“, wies er sie zurecht und erntete sich ein Grinsen von meiner Schwester. „Legst du jetzt bitte das Handy weg? Wir möchten essen.“
„Ich muss noch die Nachricht zu Ende schreiben. Bitte, Daddy“, flehte sie mit großen Augen.
Papa wollte zu Widerworten auflegen, aber meine Mutter legte ihm besänftigend die Hand auf den Unterarm. Mama hatte schöne Hände, soweit man dreckige Arbeiterhände als schön bezeichnen kann. Sie hatte schlanke, lange Finger mit vielen Ringen. Sie trug sehr viel Schmuck, der weder aufdringlich noch kitschig wirkte.
„Und da wollte ich ihr doch gerade sagen, dass wir nach dem Mittag in die Stadt zum einkaufen fahren, aber das wird wohl nichts, wenn sie weiter an ihrem Telefon hängt und wir nicht zum Essen kommen“, meinte Mama und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Ich grinste zurück und gluckste, als Leandra das Handy in ihre Hosentasche gleiten ließ und ihr Besteck in die Hand nahm. Dabei sah mich meine Schwester bitterböse an.
Wenig später saßen wir in Papas restaurierten Mustang und fuhren die einsamen Landstraßen entlang. Wir wohnten zwei Stunden von Houston entfernt und fuhren selten den weiten Weg in die Großstadt, schließlich gab es in unserem Dörfchen alles was wir benötigten. Ich war bisher dreimal in Houston gewesen und das eine Mal war eine unschöne Erinnerung, schließlich hatte ich dort im Krankenhaus gelegen.
Leandra neben mir schaute aus dem Fenster zu den riesigen Shops mit Klamotten an denen wir vorbei fuhren. Meine Schwester liebte shoppen und gerade zu diesem Zeitpunkt hatte sie Make-Up für sich entdeckt. Ich wusste nicht, wieso sie das mochte. Warum schmierte man sich Tonnen von Cremes ins Gesicht, nur um schöner auszusehen? Damals wusste ich es noch nicht, was man alles erreichen kann, wenn man gut aussieht. Ich wusste es einfach nicht besser.
Papa fuhr in ein riesiges Parkhaus und ich zählte die Autos, an denen wir vorbei fuhren. Siebzehn. Fünfzig. Als wir das einundsiebzigste passierten, fand Papa eine Lücke und parkte ein.
„Gehen wir in den Candy-Shop?“, fragte ich Mama, während ich nach ihrer Hand griff.
„Süßigkeiten machen deinen Zähne kaputt“, antwortete Lea stattdessen. „Außerdem wirst du davon dick.“
„Vor nicht einmal einem Jahr war dir das egal“, erinnerte meine Mutter sie und nahm Javier auf den Arm. Dieser klatschte freudig in die Hände und grinste breit.
Bevor Lea etwas erwidern konnte, legte mein Papa ihr einen Arm um die Schulter und knuffte sie in die Seite.
„Jetzt ist gut“, mahnte er mit seiner tiefen Sopranstimme. „Jeder darf heute in den Laden gehen, in den er möchte, okay?“
Lea murrte, gab sich jedoch geschlagen und lief eilig voraus. So kam es das wir am Nachmittag fast zwei Stunden in einem Klamottenladen verbrachten, weil meine Schwester sich nicht einigen konnte, ob ihr nun das lila oder das rosa Kleid besser gefiel. Wenn Lea in so einem Rausch war, konnte man schlecht mit ihr reden, trotzdem versuchte es meine Mutter immer wieder.
Javier saß auf meinem Schoß und ich lehnte mich in einen der bequemen Polstersessel. Er spielte mit meinen Händen, klatschte sie immer wieder gegeneinander, während ich versuchte nicht zu lachen. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, wie als ob er versuchte irgendwelche Geräusche von sich zu geben. Ich gab ihm einen Kuss auf den Kopf und schaukelte ihn dann hin und her. Mein Bruder lachte und sah mich freudig an. Javier hatte mich schon immer am liebsten gemocht.
„Wenn sie sich nicht bald beeilt“, flüsterte ich ihm verschwörerisch zu und zwinkerte, „dann schaffen wir es nicht mehr zu den Süßigkeiten.“
Als wenn er mich verstanden hätte, zog er einen Schmollmund und zeigte mit seinen zarten Fingern auf Lea, die gerade das gefühlt tausendste Kleid anprobierte. Ich nickte nur.
Im nächsten Moment, hörte ich es. Die Explosion. Sie war so laut und markerschütternd, obwohl das Labor hundert Kilometer außerhalb von Houston war. Ich zuckte zusammen, drückte Javier an meine Brust und schloss die Augen. Dann wurde ich vom Sitz geschleudert und prallte gegen die Wand.
Der Boden bebte, das Gebäude wackelte. Glas und Metall zerbrachen, fielen klirrend zu Boden, nachdem sie in der Luft umher geflogen waren. Die Menschen schrien, rannten und stürzten. Ich wollte die Augen auf machen, um meine Familie zu suchen, aber mein Körper folgte keinem meiner Befehle. Javier weinte. Ich versuchte krampfhaft beruhigend auf ihn einzureden, doch keine Silbe glitt über meine Lippen. Sein Weinen brachte mein Herz zum bluten.
Die Druckwelle und das folgende Erdbeben hatte nicht einmal eine Minute gedauert und trotzdem kam es vor wie eine kleine Ewigkeit, die ich dort auf den Boden kauerte und meinen kleinen Bruder an mich drückte. Tränen liefen mir unkontrolliert über die Wangen.
Plötzlich hörte alles auf. Blinzelnd schlug ich die Augen auf, meine Sicht war von den Tränen verschleiert, aber ich konnte das Chaos um mich herum erkennen. Auch Javier war schlagartig ruhig geworden. Um mich herum lagen verwundete Menschen, einige mit verrenkten Gliedmaßen und verdrehten Köpfen.
Ein Krampf erschütterte meinen Körper und ich schrie. Zwei weitere Schreie ertönten. Ich lag da und mein ganzer Körper zog sich zusammen, mein Blut begann sich zu erwärmen und mein Kopf dröhnte. Unkontrollierte zitterte ich am ganzen Leib und ich konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie einige Unversehrte näher kamen und einen Halbkreis um mich bildeten. Niemand half mir. Sie alle gafften bloß, während ich weinend und vor Schmerzen schreiend auf dem Boden lag.
Nur Javier blickte mich ruhig an, eine Hand auf meinem Gesicht. Verständnis lag in seinen Augen, an deren Farbe ich mich erinnern kann. Javier war so jung, so unschuldig und trotzdem sah er mich mit tiefem Mitgefühl an. Mein kleiner Bruder verstand.
Wie sie angefangen hatten, so verebbten auch die Krämpfe schnell. Ich lag keuchend, schwitzend auf den Boden mit schmerzendem Kopf. Ein Raunen ging durch die Schaulustigen.
„Sie glüht“, murmelten sie.
Ich konnte ihre leisen Stimmen einwandfrei verstehen. Während ich mich langsam aufsetzte, betrachtete ich meine Hände. Grüne Funken tanzten um meine Finger herum und als ich mich im Raum umsah, erschien mir alles so scharf und deutlich. Ich erkannte das Blut, das dem schwarzen Mann von der Stirn über die Wange lief. Es war dunkel rot, beinahe schwarz. Er lag am Ende des Raumes und wandte sich vor Schmerzen. Ein tiefer Wunsch ihm zu helfen, regte sich in mir.
Die Funken verebbten und ich drückte Javier an meine Brust, dann stand ich taumelnd auf. Die Umstehenden machten mir Platz, wichen ängstlich zurück und ich suchte meine Familie. Zitternd lief ich durch die Gänge des Ladens, vorbei an Toten und Verletzten. Wieso half ihnen niemand? Ich wollte ihnen helfen, aber ich musste meine Familie suchen.
In den Umkleidekabinen, zumindest das, was davon übrig geblieben war, fand ich meine Mutter. Sie lag halb auf einem Sessel und ein gefährlich langes silbernes Teil steckte in ihrer Brust. Ich rannte auf sie zu und ließ mich neben ihr fallen. Javier vergrub sein Gesicht an meinem Hals und klammerte sich an mich.
„Mamá“, flüsterte ich und strich ihr über die blutverschmierte Wange. „Du musst aufwachen, bitte.“
Grüne Funken tanzten um meine Hand, glitten in die Haut meiner Mutter. Keine Minute später, öffneten sich ihre Augen flatternd und sie sah mich. Stolz lag in ihnen und um ihre Lippen bildete sich ein Lächeln.
„Du hast eine besondere Gabe, Sanny“, wisperte sie und hob schwach die Hand, legte sie an mein Gesicht. „Versprich mir, das du sie gut einsetzten wirst.“
„Mamá“, bat ich mit tränenerstickter Stimme. Ich wollte nicht wahrhaben, dass sie sich von mir verabschiedete.
„Pass auf Javier, meine Kleine“, sagte sie und röchelte, rang nach Luft. Das Blut floss aus ihrer Wunde. „Ich hab dich lieb, Alessandra.“
Schwarzes Blut glitt aus ihrem Mund, während sich ihre Augen weiteten und sich mich bittend ansah. Mama starb in meinen Armen.
„Nein, Mamá“, flehte ich und ließ Javier los, der sich weiterhin an mich klammerte. Ich versuchte das Metallteil aus ihrer Brust zu ziehen, doch es war zu schwer. Grünes Licht glitt in ihre Brust und verpuffte dann.
„Bitte, Mamá.“ Ich weinte und Javier weinte, obwohl er überhaupt nicht verstanden dürfte, was ihr geschah. Das seine Mutter tot war.
Das Gebäude wurde von einem nächsten Erdbeben erschüttere. Schreie, wild umherlaufende Menschen. Dann fiel uns plötzlich die Decke über den Kopf. Das Einkaufscenter stürzte ein, begrub alle Menschen unter sich und trennte mich von meiner Mutter.
Ich schloss die Augen, drückte Javier fest an mich und wartete.
So fanden mich die Rettungssanitär keine zwei Stunden später. Ich lag zusammen mit meinem Bruder unter einem schweren Stück Beton und weinte. Wieso ich am Leben, wusste ich nicht.
„Hey, Süße“, sagte ein Mann unter einer Gasmaske zu mir, der neben dem Betonblock hockte und ihn versuchte zu befestigten, damit er nicht wegrutschte.
Ich sah ihn blinzelnd an.
„Du musst jetzt das Licht ausmachen, okay? Wir müssen dich und deinen Bruder hier raus holen.“
Das Licht ausmachen?
Meine Sicht klärte sich und ich nahm den grünen Dunst um mich herum. Er war überall, hüllte mich wie einen Kokon ein. Wie sollte ich etwas weg machen, von dem ich nicht einmal wusste, wie es entstanden war?
„Ich weiß nicht wie“, antwortete ich mit zitternder Stimme.
„Konzentrier dich einfach darauf“, erwiderte der Mann gedämpfter Stimme. Sie klang meinem Vater nicht unähnlich.
Aber Papa lag vergraben unter dem Beton.
Erneut weinte ich.
„Du machst das gut“, kommentierte der Mann. „Es wird blasser.“
Ich machte das gut? Augenblick hörte ich auf zu weinen, schaute den Mann wütend an. Er konnte nicht wissen, was geschehen war und trotzdem kanalisierte ich meine Wut auf ihn. Das Licht um mich herum verschwand und tauchte plötzlich vor dem Mann auf. Bedrohlich schwebte es wie ein Schatten um ihn herum.
Er sah mich ängstlich an und wich zurück. Leise sprach er in seinen Helm: „An alle Einheiten, ich brauchte Hilfe. Standort am…“
Das Licht schlang sich wie eine Klinge um seinen Hals und ich beobachtete fasziniert, wie es sich immer weiter verfestigte und dem Mann die Luft raubte. Das war falsch.
Versprich mir, das du sie gut einsetzten wirst, erklang Mutters Stimme in meinem Kopf.
Das war nicht das, was sie gewollt hätte. Krampfhaft versuchte ich es zu stoppen, das Licht zu mir zurück zu ziehen, doch es gelang mir nicht und der Körper des Mannes glitt schlaff zu Boden.
Ich hatte an diesem Tag zum ersten Mal einen Unschuldigen getötet und das Ausmaß meiner Kräfte erkannt. An dem Tag an dem die Labore auf der ganzen Welt explodierten, geschah etwas mit mir. Mit meinen Genen.
Man hatte unbeabsichtigt meine Gene verändert und sie hatte etwas neues, völlig einzigartiges entwickelt. Eine unheimliche Kraft, die bis dahin schier undenkbar gewesen war.
Ich war nur eine unter hunderten, die diese Transformation überlebt hatten. Der Stoff, den sie in den Laboren entwickelt hatten und der durch die Explosion freigesetzt wurden war, hatte mich zu einem unbeabsichtigten Versuchsobjekt gemacht. Ich war genmanipuliert mit neuen, unerforschten Kräften. Sie nannten mich und meines gleichen Monster. Ich bevorzuge den Begriff Mutant. Denn schließlich war ich das doch.
Ich war mutiert.
(c) A. Hawkins